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Donnerstag 8.April 1999    Kultur - Regional

Ein Solo ohne Goethe
Steffen Greschs Projekt: Turgenjews "Faust" für die Bühne

Goethe-Jahr hin oder her, der Dichterfürst fristet momentan im "Theater im Viertel" nur eine Randexistenz als Pappkamerad. Steffen Gresch hat den Goethe-Aufsteller in die Bühnenecke gerückt. Dort steht er nun, der Geheime Rat und dient gewissermaßen als Übervater für Greschs neues Stück "Faust" , das am Samstag Premiere feiert. Denn auch Iwan Turgenjews Briefnovelle, die Gresch nun dramatisiert hat, basiert auf Goethes "Faust" . Mehr noch, das bedeutungsschwerste aller deutschen Dramen hat sogar fatale Folgen für Turgenjews Personal. Als nämlich Pawel Alexandrowitsch B. nach vielen Jahren den Sommer mal wieder in seinem Gutshaus verbringt, trifft er auch seine inzwischen längst brav verheiratete Jugendfreundin Wera wieder. Bei der gemeinsamen Lektüre von Goethes "Faust" in der Gartenlaube aber flammt nicht nur die alte Liebe wieder auf. Wera, die noch nie zuvor ein Buch der "schönen Literatur" gelesen hat, ist von "Faust" und Gretchens Schicksal so überwältig, daß sie in einen Fieberwahn fällt und stirbt. Gerade diese "hochdramatischen Wendungen" in Turgenjews Novelle, sagt Gresch, haben ihn gereizt, den Stoff auf die Bühne zu bringen. Seine Wahl hat aber obendrein noch einen ganz praktischen Grund. Lange habe er nach einem passenden Monodram gesucht, doch Einpersonen-Stücke seien eher selten, erklärt der 33jährige, der derzeit an der Nachbarschaftsschule Eiweiler einige Theaterprojekte mit Grundschülern leitet. Und so hat Gresch eben eifrig Prosa gewälzt, um einen Text zu finden, der sich auch fürs Theater eignet. Turgenjews "Faust" , glaubt der Mime, biete da mit seinen "psychologischen und romantischen Komponenten" genau die richtige Mischung für ein Theater-Solo. Den Alleingang auf der Bühne versucht Gresch übrigens nicht zum ersten Mal, obwohl er sich "nicht auf Monodramen spezialisieren" wolle. Vor ein paar Jahren spielte er bereits auf derselben Bühne, die damals noch "Studio-Theater" hieß, das Einpersonen-Stück "Das Tagebuch des Kaspar Hauser" . Damals führte freilich Jürgen Wönne Regie. Jetzt aber macht Gresch alles allein. Er hat nicht nur Turgenjews Text bearbeitet, er spielt und inszeniert das Stück auch. Doch ist es nicht schwierig oder sogar unmöglich, sein eigener Regisseur zu sein, seine eigene Arbeit wirklich kritisch zu beurteilen? Gresch glaubt, daß er dieses Problem im Griff hat. Per Videokamera begutachtet er sein Spiel und als "zusätzliche Kontrollinstanz" schauen immer wieder Freunde und Bekannte bei den Proben zu. Sein Solo biete zudem auch einen klaren Vorteil. "Ein Regisseur bringt immer auch eine eigene Deutung des Textes mit hinein" , meint Gresch. Er wolle das Stück aber genauso spielen, wie er es bearbeitet hat. Und das gehe eben am besten allein. oli ¦ Theater im Viertel, Nauwieser Straße 13. Premiere am Samstag, 10. April, 20.30 Uhr.