Goethe-Jahr hin oder her, der
Dichterfürst fristet momentan im "Theater im Viertel" nur eine
Randexistenz als Pappkamerad. Steffen Gresch hat den
Goethe-Aufsteller in die Bühnenecke gerückt. Dort steht er nun, der Geheime Rat
und dient gewissermaßen als Übervater für Greschs
neues Stück "Faust" , das am Samstag
Premiere feiert. Denn auch Iwan Turgenjews
Briefnovelle, die Gresch nun dramatisiert hat,
basiert auf Goethes "Faust" . Mehr noch, das
bedeutungsschwerste aller deutschen Dramen hat sogar fatale Folgen für Turgenjews Personal. Als nämlich Pawel Alexandrowitsch
B. nach vielen Jahren den Sommer mal wieder in seinem Gutshaus verbringt,
trifft er auch seine inzwischen längst brav verheiratete Jugendfreundin Wera
wieder. Bei der gemeinsamen Lektüre von Goethes "Faust" in der
Gartenlaube aber flammt nicht nur die alte Liebe wieder auf. Wera, die noch nie
zuvor ein Buch der "schönen Literatur" gelesen hat, ist von
"Faust" und Gretchens Schicksal so überwältig, daß
sie in einen Fieberwahn fällt und stirbt. Gerade diese "hochdramatischen
Wendungen" in Turgenjews Novelle, sagt Gresch, haben ihn gereizt, den Stoff auf die Bühne zu bringen.
Seine Wahl hat aber obendrein noch einen ganz praktischen Grund. Lange habe er
nach einem passenden Monodram gesucht, doch
Einpersonen-Stücke seien eher selten, erklärt der 33jährige, der derzeit an der
Nachbarschaftsschule Eiweiler einige Theaterprojekte
mit Grundschülern leitet. Und so hat Gresch eben
eifrig Prosa gewälzt, um einen Text zu finden, der sich auch fürs Theater
eignet. Turgenjews "Faust"
, glaubt der Mime, biete da mit seinen "psychologischen und
romantischen Komponenten" genau die richtige Mischung für ein
Theater-Solo. Den Alleingang auf der Bühne versucht Gresch
übrigens nicht zum ersten Mal, obwohl er sich "nicht auf Monodramen
spezialisieren" wolle. Vor ein paar Jahren spielte er bereits auf
derselben Bühne, die damals noch "Studio-Theater" hieß, das
Einpersonen-Stück "Das Tagebuch des Kaspar Hauser"
. Damals führte freilich Jürgen Wönne Regie.
Jetzt aber macht Gresch alles allein. Er hat nicht
nur Turgenjews Text bearbeitet, er spielt und
inszeniert das Stück auch. Doch ist es nicht schwierig oder sogar unmöglich,
sein eigener Regisseur zu sein, seine eigene Arbeit wirklich kritisch zu
beurteilen? Gresch glaubt, daß
er dieses Problem im Griff hat. Per Videokamera begutachtet er sein Spiel und
als "zusätzliche Kontrollinstanz" schauen immer wieder Freunde und
Bekannte bei den Proben zu. Sein Solo biete zudem auch einen klaren Vorteil.
"Ein Regisseur bringt immer auch eine eigene Deutung des Textes mit hinein" , meint Gresch. Er wolle
das Stück aber genauso spielen, wie er es bearbeitet hat. Und das gehe eben am
besten allein. oli ¦ Theater im Viertel, Nauwieser Straße 13. Premiere am Samstag, 10. April, 20.30
Uhr.